Erdöl in Deutschland | zuletzt aktualisiert: 26. April 2023
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Erdölförderung in Deutschland
Erdöl ist ein fossiler Rohstoff und Energieträger, der entscheidend zur Versorgungssicherheit in Deutschland beiträgt. Erdöl gilt als einer der wichtigsten Rohstoffe für die moderne Industriegesellschaft und ist aus unserem Leben kaum wegzudenken. Es kommt in unzähligen Produkten vor: in Kosmetik, Polstermöbeln, Bodenbelägen, Autoreifen, Verpackungen, Handys und vielen mehr.
Als Multitalent eignet sich Erdöl für viele Anwendungen – von der Verarbeitung zu Treibstoff (Benzin, Diesel, Kerosin) über die Stromerzeugung, Brennstoff zum Heizen bis hin zur Verwendung für chemische Prozesse. Erdöl wird in Deutschland sowohl Onshore, also mittels Tiefbohrungen an Land, als auch Offshore, vom Meer aus, gefördert.
Die Erdölproduktion hat in Deutschland eine lange Tradition. Bereits seit über 160 Jahren wird hierzulande Erdöl gefördert. 1858 stieß man im niedersächsischen Wietze auf Erdöl – die erste erfolgreiche Erdölbohrung der Welt! In den 1950er Jahren stieg die Erdölförderung stark an. In den späten 1960er Jahren wurden in Deutschland mit rund 8 Millionen Tonnen Erdöl pro Jahr die bisher größten Mengen gefördert, danach ging die Produktion allmählich zurück.
Bedeutsame Erdölvorkommen im Inland
Die wichtigsten Erdölvorkommen Deutschlands befinden sich in Norddeutschland. Bezogen auf die Bundesländer wird in Schleswig-Holstein (ca. 1 Millionen Tonnen Erdöl in 2022) und Niedersachsen (ca. 600.000 Tonnen Erdöl in 2022) der Großteil des heimischen Erdöls gefördert – zusammen rund 90 Prozent der deutschen Gesamtproduktion. Auch in anderen Bundesländern, wie z.B. Rheinland-Pfalz, Bayern oder Hamburg wird Erdöl gefördert – doch in geringeren Mengen. Eines der bedeutsamsten und größten Erdölfelder Deutschlands liegt in Schleswig-Holstein im Wattenmeer: auf der Bohr- und Förderinsel Mittelplate wurden seit Inbetriebnahme im Jahr 1987 insgesamt mehr als 40 Millionen Tonnen Öl gefördert – störungsfrei und mit einem Höchstmaß an Sicherheit, sowie Wasser- und Umweltschutz.
Erdölförderung in Deutschland und eigener Bedarf
In Deutschland wurden im Jahr 2022 insgesamt rund 1,7 Millionen Tonnen Erdöl gefördert. Die heimische Erdöl-Produktion hat damit etwa zwei Prozent des Verbrauchs in Deutschland gedeckt. Die anderen 98 Prozent des in Deutschland benötigten Erdöls werden aus dem Ausland importiert. Tendenziell ist die heimische Erdölförderung rückläufig; Ende der 1980er Jahre war diese noch fast doppelt so hoch wie heute (knapp 4 Millionen Tonnen Erdöl/Jahr).
Erdölreserven und Ressourcen nutzen
Deutschland braucht auch in Zeiten von Klimaschutz weiterhin Erdöl und ist – auf sämtlichen Ebenen, d.h. von der Elektrizitätserzeugung über den Treibstoffbedarf, Brennstofferzeugnisse sowie die Verwendung für industrielle Prozesse – auf diesen wichtigen fossilen Rohstoff angewiesen, wenngleich durch die ansteigenden erneuerbaren Energien davon auszugehen ist, dass der Verbrauch an Erdöl mit der Zeit sinkt. Die Förderung aus heimischen Lagerstätten durch die deutsche Erdölindustrie trägt zu einer stabilen und unabhängigeren Energieversorgung in Deutschland bei. Hier gilt es, bekannte Reserven – also Vorkommen, die nach dem heutigen Stand der Technik wirtschaftlich abbaubar sind – effizient zu fördern. Im Jahr 2022 betrugen die sicheren und wahrscheinlichen Reserven in Deutschland 23,7 Millionen Tonnen Erdöl.
Deutschlands Erdöl-Lagerstätten sind keineswegs erschöpft. Selbst wenn eine Lagerstätte heute als ausgefördert gilt, sind meist noch mehr als 40 Prozent des Erdöls darin vorrätig und bieten somit jedenfalls Optionen für eine weitere Förderung, wenn es technisch möglich und wirtschaftlich attraktiv ist. Bekannte Lagerstätten lassen sich durch neue Explorations- und Fördertechnologien immer besser nutzen, auch bislang unzugängliche Vorkommen können erschlossen werden und damit werden aus Ressourcen nutzbare Reserven.
Erschließung neuer Erdölvorkommen
Die Produktion fossiler Rohstoffe ist in Deutschland technologisch anspruchsvoll. Die Erdölindustrie verfügt über hohe technische Kompetenzen durch jahrzehntelange Forschung und Entwicklung. Die vielfältigen und komplexen geologischen Verhältnisse der Erdöllagerstätten in Deutschland – mit Teufen bis zu 5.000 Meter Tiefe – erfordern die Entwicklung und den Einsatz innovativer Technologien. Bei ihren Anstrengungen, zusätzliche Erdölreserven zu erschließen, konzentriert sich die Industrie auf:
- Aufsuchung neuer Erdöllagerstätten
- Förderung vorher unwirtschaftlicher Vorkommen
- Entwicklung neuer Förderverfahren
Zum Erkunden von Erdöllagerstätten setzt die deutsche Erdölindustrie auf innovative und umweltverträgliche Bohrtechnologien, die sämtliche Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit, auf Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Luft und Klima berücksichtigt. Denn nur Probebohrungen bzw. Aufschluss- oder Explorationsbohrungen erbringen letztlich den Nachweis, ob wirtschaftlich förderbare Erdölvorkommen vorliegen. In Deutschland sind hauptsächlich zwei Bohrverfahren verbreitet: das Rotary-Verfahren und das Turbinenbohren mit Untertage-Antrieb. Des Weiteren tragen moderne computergesteuerte Bohrsysteme dazu bei, die Bohrzeiten zu reduzieren und größere Reichweiten zu erzielen. Zunehmend wird auch die Horizontalbohrtechnik angewendet. Dabei verläuft die Bohrung zunächst vertikal, also senkrecht in die Tiefe des Erdreichs, um dann im Zielbereich bis in die Horizontale abgelenkt zu werden. Bei manchen Horizontalbohrungen führt der Bohrmeißel sogar leicht aufwärts in die Lagerstätte hinein. Gegenüber der Vertikalbohrung können so wesentlich größere Bereiche einer Lagerstätte mit einer einzigen Bohrung erschlossen werden.
Kurze Transportwege zur Weiterverarbeitung des Erdöls
Die heimische Förderung kommt auch dem Klimaschutz und der hiesigen CO2-Bilanz zugute. Denn durch die Nähe zum Verbraucher entfallen lange Transportwege bzw. energie- und kostenintensive Importe aus dem Ausland. Auf diese Weise lassen sich viele Millionen Tonnen CO2-Emissionen einsparen. Denn die Förderung von Rohöl ist nur der erste Schritt, bevor das Erdöl verarbeitet und den einzelnen Anwendungen zugeführt werden kann. Über Pipelines, mit Tanklastwagen über das deutsche Straßennetz oder mit Mineralölkesselwagen auf der Schiene gelangt das Öl zu den Raffinerien. Diese trennen das Rohöl mithilfe von Destillation und spalten es abhängig vom Siedeverhalten in seine verschiedenen Bestandteile auf. Bei der Weiterverarbeitung entstehen verschiedene Ölprodukte. Anschließend lagern die Raffinerien das Reinöl sowie sämtliche Zwischen- und Fertigprodukte in Tanklagern, teilweise auch als Rohstoffvorrat für mögliche Krisenzeiten.
Heimische Förderung von Erdöl – ein Wirtschaftsfaktor
Deutschland gilt als eine der führenden, exportorientierten Industrienationen mit hohem Energie- und Rohstoffbedarf. Dieser ist weiterhin ungebrochen. Experten gehen sogar davon aus, dass der Bedarf weiter ansteigen wird. Die Erschließung der eigenen Rohstoffe stellt einen bedeutsamen Beitrag zur Energie- und Rohstoffversorgung dar. Sie steht nicht im Widerspruch zur Energiewende, sondern trägt maßgeblich zu deren Gelingen bei.
Ebenso entlastet die Erdölproduktion im Land die Leistungsbilanz der Bundesrepublik Deutschland. Denn jede hier geförderte Tonne Erdöl muss nicht energie- und kostenintensiv aus dem Ausland importiert werden – so lässt sich die energiepolitische Abhängigkeit verringern. Darüber hinaus ist die deutsche Erdölindustrie als Arbeitgeber, Steuerzahler und Auftraggeber ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, insbesondere in ländlichen Gebieten. Die Mitgliedsunternehmen des BVEG beschäftigten im Jahr 2022 rund 6133 Mitarbeiter.
Kontakt:
Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie e.V. (BVEG)