Nachrichten | 12. September 2024
#CCUS#Energiewende#Geothermie#Klimaschutz#Wasserstoff
Klimapragmatismus statt Ideologie: Wir müssen den Lösungsraum erweitern, wenn Deutschland seine Klimaziele erreichen will.
Blog-Beitrag von Dr. Ludwig Möhring zur Handelsblatt Jahrestagung - Gas 2024
Hinter uns liegen Landtagswahlen, die unsere Befürchtungen bestätigt haben: Es erstarken politische Kräfte, die unser Land in grundlegenden gesellschaftlichen Fragen in eine andere Richtung lenken wollen. Das gilt auch für den Klimaschutz. Wir müssen Kurs halten, aber ich sage auch: Wenn wir unsere Klimaschutzziele wirklich erreichen wollen, müssen wir auf diesem Kurs den Lösungsraum erweitern. Dazu gehört auch, dass wir die Wirksamkeit der Lösungen in den Vordergrund stellen und uns so manche ideologische Debatte ersparen. Klimaschutz ist kein Wunschkonzert.
Hier sehe ich wichtige Signale: Minister Habeck hat im Zusammenhang mit der Carbon Management Strategie von „Klimapragmatismus“ gesprochen. Er zieht damit eine wichtige Leitplanke: Was dem Klima hilft, gehört ergebnisoffen auf die Agenda.
Gelebter Klimapragmatismus wird auch zu einer Neubewertung der Potenziale des Bohrlochbergbaus in Deutschland führen. Der ist maßgeblich beteiligt an
- dem Hochlauf der Wasserstoffindustrie in Deutschland, sowohl über die Wasserstoffspeicherung in Kavernen als auch über die Erzeugung von blauem Wasserstoff;
- der breiten Etablierung der Tiefen Geothermie, bei der die untertägigen Risiken professionell gemanagt und sichere und erfolgreiche Projekte möglich werden;
- einem kosteneffizienten Carbon Management, das auch die umweltverträglich erreichbaren Potenziale der CO2-Einlagerung in Deutschland nutzt und auch solchen emittierenden Industrien die Chance zur Treibhausgasvermeidung gibt, denen keine wirtschaftlich sinnvolle Möglichkeit zur Dekarbonisierung zur Verfügung steht;
- der heimischen europäischen Förderung von Öl und Gas, die zumindest so lange fortgesetzt werden muss, wie wir diese Energieträger hier noch nutzen.
Gerade die Frage der heimischen Erdgasförderung steht gerne mal in der Kritik: wenn wir aus den fossilen Energien raus wollen, sollten wir bei uns anfangen, sie nicht mehr zu produzieren. So heißt es. Aber wir müssen auch diese Diskussion ehrlich machen: Wer die Potenziale der heimischen Produktion nicht nutzt, nimmt billigend in Kauf, dass durch die stattdessen erforderlichen LNG-Importe bis zu 30% mehr CO2 emittiert wird. Widerspruchsfrei ist das nicht – mittlerweile bezieht Deutschland mehr als die Hälfte seines Erdgases als LNG, was die Bilanz der Vorkettenemissionen nicht verbessert. Vorkettenemissionen zu ignorieren, weil sie nicht in unserer deutschen Klimabilanz erfasst werden, überzeugt nun aber überhaupt nicht. Dem Klima ist egal, wo die Emissionen anfallen; unsere Politik muss auch das berücksichtigen.
Die vier genannten Instrumente ermöglichen es, die Kosten der CO2-Vermeidung bzw. der CO2-Reduktion zu senken. In einer Phase, in der wir die Energiekosten nicht mehr ohne den Ruf nach dem Staat und damit nach dem Steuerzahler in den Griff bekommen, dürfen wir sie nicht ignorieren. Sie gehören mit auf den Tisch der Optionen für die nächste Phase der Transformation. Genau, wie es unsere europäischen Nachbarn auch tun.
Manche klimawirksamen Instrumente mögen uns nicht allen lieb sein. Aber die Erreichung der Klimaziele erfordert den angesprochenen Klimapragmatismus. Das ist auch eine Frage der Glaubwürdigkeit von Klimapolitik. Ich bin zunehmend besorgt, dass Versäumnisse bei der Transformation den Weg für politische Akteure ebnen, die von der ganzen Transformation nichts halten.
Kontakt:
Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie e.V. (BVEG)